Helmut

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“Hallo, Sie sprechen mit dem Schlachter…”

Lothar erzäht: “Als ich den Telefonhörer aufnahm, dachte ich erst, dass es sich um einen schlechten Scherz handeln würde. Bis der Mann es nochmals wiederholte und es sich schnell herausstellte, dass es kein Scherz war. Mein Atem stockte, und ich dachte: Das ist jemand, der den ganzen Tag Tiere ermordet! Mit dem bin ich jetzt verbunden! Aber dann riss ich mich doch zusammen.”

Der Mann erzählte, dass er Metzger war und jetzt noch 3 Tage pro Woche im Schlachthof arbeitete. Der Chef des Schlachthofes hatte für seinen Sohn einen 6 Jahre alten Eselhengst gekauft. Aber so wie das oft mit Tieren geht, hatte das Kind nach etwa drei Monaten kein Interesse mehr. Darum musste das Eselchen geschlachtet werden. Dem Schlachter war das Tier inzwischen ans Herz gewachsen, und er bekam Gewissensbisse, solch ein zahmes, junges Eselchen zu töten. Er kaufte das Tier frei und nahm es mit nach Hause. Der Esel durfte eine Zeitlang auf einer Weide der Gemeinde stehen. Denn dort hatte bis vor kurzem noch ein anderer Esel gegrast, aber der war inzwischen gestorben. Nach drei Monaten kam allerdings ein anderer Bürgermeister ins Amt, und der beschloss, dass der Esel weg musste. Aber der Schlachter wusste nicht, wo er den Esel nun noch unterbringen könnte. Zum Glück wusste seine Frau von einer Bekannten, dass es den Gnadenhof Melief gibt. Darum hatte der Schlachter uns angerufen.

Lothar: “Als ich ihn fragte, was mit dem Tier passieren würde, wenn wir es nicht aufnehmen würden, war die Antwort sehr deutlich und kurz, nämlich: schlachten. Weil wir wussten, dass das keine leere Drohung war, sondern dass der Mann auf die Worten Taten folgen lassen würde, sagten wir sofort ja, er darf kommen!”

Und so zog der erste Esel, genannt Adriaan, in unsere permanente Auffangstation ein. Die Tiere hier auf dem Hof sind es eigentlich schon gewöhnt, dass ab und an neue Bewohner kommen, aber diese Tiersorte war doch eine ganz andere Geschichte. Sobald Adriaan begann zu iahen flüchteten die anderen Tiere auf der Suche nach einem Versteck. Die 40 Hunde schlugen an, und eine Wolke von Katzen flog in Richtung Heu- und Strohballen, um sich zu verstecken, solch einen Krawall machte dieses Tier auf einmal!

Weil Adriaan erst parasitenfrei sein und kastriert werden musste, blieb er lange genug in seinem Quarantänestall, dass sich die Tiere an sein iahen gewöhnen konnten. Leider verlief die Kastration nicht ganz ohne Komplikationen, aber inzwischen zog Adriaan auf eine eigene Weide mit Unterstand!

Die neue Tierart auf dem Hof hielt nicht nur die Tiere auf Trab, auch wir mussten uns in die Eselhaltung vertiefen. Es war sehr schnell klar, dass es unmöglich ist, einen Esel allein zu halten, weil Esel Herdentiere sind. Außerdem ist das Halten von einzelnen Eseln in Niedersachsen verboten. Jill nahm Kontakt auf mit der Noteselhilfe e.V., und Lothar und Marc hatten Kontakt mit Menschen von zwei anderen Organisationen, die Esel aufnehmen. Die Noteselhilfe e.V. schickte jemand vorbei, um herauszufinden, ob unser Gnadenhof geeignet ist, um Esel zu halten, so dass wir einem ihrer Esel in Not helfen könnten.

Aber die freiwillige Helferin Madita hielt auch die Augen auf und entdeckte bei einer ihrer Bekannten einen Esel, der allein auf der Weide stand. Madita stellte den Kontakt mit ihrer Bekannten her und hörte, dass der Mann, bei dem der Esel wohnte, sehr an dem Esel hing. Das Problem war allerdings, dass seine guten Absichten für den Esel Helmut allesamt verkehrt waren. Helmut wurde allein untergebracht und hatte dadurch, dass er auf einer fetten Weide stand, eine harte Fettrolle in seinem Nacken, die lebensbedrohlich werden kann. Auch hatte er Schmerzen beim Laufen und war durch seine Hufe gesackt. Der Esel machte einen unglücklichen Eindruck, etwas, was der Eigentümer auch einsah, nachdem wir ihn darüber aufklärten, dass Pferde keine Gesellschaft für einen Esel darstellen.

Helmut hatte in dem Jahr, in dem der Mann ihn hatte, noch kein einziges Mal geiaht. Weil der Mann absolut keine Artgenossen hinzu nehmen wollte, beschloss er im Sinne von Helmuts Wohlbefinden, ihn weg zu geben. Eine gute Tat, für die der Mann Lob verdient, denn wie oft kommt es vor, dass Menschen Tiere aus Egoismus behalten, ohne das Wohlbefinden der Tiere dabei zu berücksichtigen.

Helmut durfte bei Adriaan einziehen! Eine schönere Kombination war nicht denkbar. Helmut war schon kastriert und genau wie Adriaan 6 Jahre alt. Am nächsten Tag liefen Madita und Lothar mit Helmut zum Melief-Hof, weil Helmut laut seinem Eigentümer unmöglich in einen Pferdeanhänger zu kriegen war. Die erste Begegnung zwischen Adriaan und Helmut war wunderbar zu beobachten. Aber auch Helmut musste in Quarantäne, um vom Tierarzt untersucht zu werden, und um Parasiten zu bekämpfen. Inzwischen ist auch Helmut entwurmt und durfte sich zu Adriaan gesellen, auf die (durch die Schafe abgegraste) speziell für ihn abgezäunte Weide.

Von der ersten Minute an sind die beiden Esel untrennbar, und sie streunen zusammen über ihr Land. Die Eselweide wird in der kommenden Zeit noch mehr eselgerecht gemacht. Es muss noch ein Stück gepflastert werden, und es muss auch noch ein Platz kommen, wo die beiden zusammen sandbaden können.

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